Nachtfarben

Autor: M.

Aus sich wiederholenden Mustern lassen sich immer wieder Farben generieren, die bisher niemand kannte. Also im Vorher, das auch niemand kannte. Das Vorher und das Abspalten der Farbe als Wort, das Nichtmehr-Nichtsein, dem die Dunkelheit ausgeht. Wie einer angeknipsten Lampe.

Aus Farbtemperaturen lassen sich Dinge lesen. Sogar einzelne Wörter, die zur Klammer taugen und zum Ablesen der Geräte.

Ab fünftausend Grad Kelvin aufwärts bricht der Abend herein.
Darunter funkelt es melancholisch. Von der Seite her.

Mit den Nachtfarben kann man sich gut anfreunden. Sie reifen aber auch nach wie Käse.
Mit einem Geruch, den man auch Duft oder Gestank nennen darf.
Darf.
So leise wie möglich dürfen. Das ist es.
Die verschwundene Dunkelheit macht so Sachen.
Sie reißt dich aus den Wellen, zwischen denen du zu schwimmen versuchst. Aus den Fragen die sich nicht beantworten lassen, aus den Quallen-Nestern, die zu Wimmelbildern erstarrt sind.
Aus den treibenden Wölkchen, die zu dir sprechen und dann schweigen. Mit dem Aufhören hört alles auf und fängt alles an.

Gedachte Inseln, denen wir Farben und Flaggen zuordnen.
Gedachte Fahnen, denen wir Inseln zuordnen.
Die Fahrtüchtigkeit, an der sich Temperaturen messen lassen.

Nachtfarben lege sich über deine Haut, die sich dann schwerer betrachten lässt. Aber aus der Nähe, mit einer Lupe, geht das noch ganz gut. Als würde die Lupe ihre eigene Helligkeit mitgeben.
Dem aufgestellten einzelnen Haar und den abgefallenen Wimpern, an die wir nicht mehr denken, außer sie liegen auf unseren Fingerspitzen herum.
Werfen Schatten, an denen sich die Uhrzeit ablesen ließe.
Wenn es nicht Nacht wäre.
Mondzeit, das klingt so phantastisch kitschig, nach Duftkerze und freien Wünschen und so.

Unter fünftausend Grad Kelvin brechend die kleinen, nackten Gefühle auf, die in den Augen wohnen.
Da, wo sie nicht hingehören, eigentlich.
Die Augen. Als Wohnung der Oberflächen.
Das Reißen, an das die Tiere mit ihren jeweiligen Geräuschen denken, ist kein Gefühl im eigentlichen Sinne.
Soweit geht das dann doch nicht.
Reißen ist etwas, das in der Tierwelt oft vorkommt.
Genau wie Nachtfarben.
Animalisch.
Sogar in den Spiegeln, die überall hängen.

In den Flurstücken, die in den Katasterämtern warten.


Autor: M.
entstanden am 10. Dezember 23, in der Schreibstube N°2