Ziegel
Autor: Josh
Im Schatten der Ziegelmauer, am Ende des Weges, unter einem Stein, vergrub er ihn.
Er weinte nicht.
Auch wenn er es vielleicht gewollt hätte, erschien es ihm unpassend.
Ganz eingenommen, von der Ernsthaftigkeit des Momentes, stand er da.
Es war ein wunderschöner Spätsommertag im August. Die Luft roch nach feuchtem Gras und ein Spatzenpaar war in sein lautstarkes Liebesspiel vertieft.
Er fand es hätte regnen müssen – war fast ein wenig beleidigt, dass die Welt sich so widerborstig weigerte, dem Moment das passende Ambiente zu geben.
Nichts würde sein wie vorher, das wusste er. Aber der Park mit seinen Geräuschen von leisen Gesprächen und spielenden Kindern widerstand ihm in seinem Wunsch, seine innere Welt widerzuspiegeln – Ja, kam ihm schon fast lächerlich kitschig vor.
Regnen hätte es müssen, vielleicht sogar gewittern.
Dann hätte er ihn unter Donnergrollen, im Widerschein der Blitze begraben können; Mit trotziger Sturheit, im prasselnden Regen an seinem Grab stehen und ihn betrauern können.
Stattdessen fuhr ein Eiswagen die Straße herunter und lockte die Kinder mit einer Melodie, die diesem welterschütternden Ereignis diametral gegenüber stand.
Er schaute seinen Altersgenossen dabei zu, wie sie zu dem kleinen blauen VW-Bus hinüberrannten und wusste, dass er nun keiner mehr von ihnen war. Das dieser Tag ihm die last des Erwachsenwerdens mit einem Schlag aufgebürdet hatte, die ihnen erst mit der Zeit und vielleicht nie so bewusst werden würde wie ihm in diesem Augenblick. Er schaute auf das Grab, das ihm – obwohl es nicht größer war, als eine Zigarrenkiste. – vorkam als enthielte es die Gesamtheit seiner kindlichen Unschuld.
Langsam, bedächtig verstaute er die gelbe Plastikschaufel in seinem Turnbeutel und trotzte mit seiner tiefen stummen Trauer dem Sonnenschein, der durch die Blätter auf das Grab seines gefallenen Kameraden schien. Dann holte er das Kreuz heraus, das er Zuhause aus Eisstielen und UHU gebastelt hatte und versuchte es in die feuchte Erde zu stecken, wo es allerdings nicht stehenblieb und wieder umkippte, sobald er es losließ. Er versuchte es noch ein paar mal, gab schließlich auf und lehnte das, inzwischen völlig verdreckte Kreuz an die Ziegelmauer. Mit Edding hatte er darauf den Namen seines Freundes geschrieben:
Hamster McHamsterface
Autor: Josh
entstanden am 05. November 23, in der Schreibstube N°1